Man muss die Feste feiern, wie sie fallen, heißt es. An der Börse wurde ein Richterspruch gefeiert, nach dem ein Großteil der Strafzölle Donald Trumps rechtswidrig ist. Wenige Stunden später hob ein Berufungsgericht das Urteil auf. Immerhin, an der Börse nahm man das Tohuwabohu gelassen.
Ein für internationalen Handel zuständiges Bundesgericht in New York hatte geurteilt, dass der Präsident mit den Strafzöllen seine Befugnis überschritten hat. Zahlreiche Sonderabgaben müssten „aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt“ werden, hieß es. Man kann sich vorstellen, wie Trump geschäumt haben muss. Einer seiner Berater sprach von einem „Justizputsch“, der außer Kontrolle geraten sei. Das Weiße Haus legte umgehend Berufung ein und bekam noch am selben Tag Recht. Die Zölle traten wieder in Kraft. Alles dreht sich, könnte man zusammenfassend sagen. Wie im Karussell.
Nun wird die Sache durch die Instanzen gehen, wahrscheinlich bis zum Obersten Gerichtshof. Das wird sich hinziehen. Börsianerinnen und Börsianer hatten ohnehin zurückhaltend auf das vorübergehende Zollverbot reagiert. Denn von Anfang an war unklar, wie lange die juristische Auseinandersetzung dauern und wie sie enden wird. Und es hätte ohnehin Zeit gebraucht, bis die nicht erfolgten Verschiffungen von Waren hätten nachgeholt werden können und die Lieferketten sich wieder eingespielt hätten.
Der Schampus blieb zu
Zudem könnte die US-Administration auf andere gesetzliche Begründungen für vergleichbare Zölle zurückgreifen, warnt Goldman Sachs. Zur Erinnerung: Trump hat sich bei Verhängung der Strafzölle auf ein Notstandsgesetz aus dem Jahr 1977 berufen. Und: Auf die europäischen Börsen und speziell auf den deutschen Aktienmarkt könnte sich ein Zollverbot in der Art sogar negativ auswirken, wenn dadurch internationale Investoren ihr Geld wieder zurück in die USA leiten. Alles Gründe, die Korken nicht vorschnell knallen zu lassen.
Nvidia bringt neuen Schwung
Da hält man sich doch lieber ans Tagesgeschäft. Dass an der US-Börse nicht aller Tage Abend ist, hat wieder einmal der Chiphersteller Nvidia gezeigt. Am Mittwochabend übertrafen die Zahlen zum ersten Quartal die ohnehin hohen Erwartungen. Zwölf Prozent mehr als im Vorquartal und 70 Prozent mehr als im Vorjahresquartal setzte der Lieferant von KI-Chips um, obwohl die US-Regierung den Export von Halbleitern nach China stark beschränkt hat. Die führenden Tech-Riesen – neben Nvidia sind das Alphabet, Amazon, Apple, Meta und Microsoft – sollten Anlegerinnen und Anleger also noch nicht abschreiben. Tesla hingegen dürfte sich aus dem Kreis der Magnificent Seven verabschiedet haben. Auch wenn sich Elon Musk jetzt wieder persönlich um seine Firmen kümmern will – und Kritik an den Steuerplänen seines „Best Buddy“ Trump äußert.
Die Laune bessert sich
Positive Signale kamen auch aus der deutschen Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal doppelt so stark gewachsen wie erwartet, auch wenn 0,4 Prozent Plus kein Vorzeigewert sind. Auch der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts ist im Mai das fünfte Mal in Folge gestiegen. In normalen Zeiten wäre das ein klar positives Signal.
Eine weitere Verbesserung der Laune könnte es kommenden Donnerstag geben. Dann entscheidet die EZB wieder mal über den Leitzins in der Eurozone. Eine weitere Senkung gilt als wahrscheinlich, danach dürfte es dann eine Pause geben.
Im Schatten des DAX, der mit 24.000 Punkten die nächste runde Marke erreicht hat, kommt auch wieder Leben in die zweite Reihe. Bei 30.000 Punkten probt der MDAX den Ausbruch aus einer dreijährigen zick-zack-förmigen Seitwärtsbewegung. Bis zum Rekordhoch bei 36.000 Zählern ist es noch weit. Dennoch: Beide Indizes sind zum gleichen Start-Zeitpunkt bei 1000 Punkten festgezurrt worden. Der MDAX hat somit auf lange Sicht die Nase vorn.